Wer kennt sie nicht? Diese typischen Situationen auf dem Spielplatz oder in der Krabbelgruppe, in denen die eine Mutter stolz erzählt, dass ihr Kind bereits „Mama“ sagt. Die nächste Mutter kontert, ihr Kind könne bereits laufen. Die dritte Mutter sitzt traurig daneben: „Mein Kind isst Brei. Das ist auch schon alles.“
„Mein Kind kann… Und was kann deines?“
Woher kommt dieses Verhalten? Ich denke, der Ursprung dafür ist tatsächlich reiner Mutterstolz. Es ist total spannend die Entwicklung des eigenen Kindes zu sehen. Wie groß ist die Freude, das Kind begleiten zu können und ihm etwas beibringen zu können. Und zuletzt ist da dieses große Glücksgefühl, dieser riesengroße Stolz auf das, was dieses kleine, unglaubliche Wesen geleistet hat.
Diese Gefühle sind toll! Und sie sind total in Ordnung. Nichts daran ist falsch.
Überquellend vor Glück und Freude, wollen wir uns mitteilen. Auch das ist total normal. Wir versuchen also, die Entwicklungsschritte festzuhalten: Machen ein Video von den wackeligen ersten Schritten, nehmen ein Foto vom ersten Zähnchen auf oder versuchen das gebrabbelte „Mama“ in einer Sprachnachricht festzuhalten. Leider kann weder das Video noch das Foto oder die Tonaufnahme das transportieren, was in uns vorging als wir live dabei waren. Natürlich freuen sich Großeltern, Tanten, Onkel, Nachbarn und Freunde mit, doch ist ihre Freude deutlich gedämpfter.
Ich vermute, dass dies der Auslöser für den Drang ist, die Fortschritte des eigenen Kindes bei Gleichgesinnten (sprich bei anderen Müttern) vorzutragen. Vielleicht hoffen wir auf Anteilnahme, Mitfreude oder wenigstens doch auf Respekt. Denn Kinder zu haben und groß zu ziehen bedeutet ja nicht immer nur Freude. Da sind ja auch die anderen Seiten: Schlafmangel und Erschöpfung. Wer zeigt uns eigentlich, dass er stolz auf uns ist? Auf unsere Leistung? Auf unser Durchhaltevermögen?
Oftmals sind wir ziemlich am Ende. Insbesondere in den ersten anstrengenden Jahren mit Baby und Kleinkind. Häufig aber auch später, wenn die Kinder schon größer sind.
Wenn all das nicht gesehen wird, so kann es passieren, dass wir das Gefühl haben, etwas Neid von anderen Müttern könnte uns gut tun. Einmal im Mittelpunkt stehen. Einmal bewundert werden. Ein wenig auftanken. Das wäre schön. Und so landen wir nur allzu schnell in der „Mein Kind kann…“-Falle. „Und was kann deines?“
Über die Auswirkungen
Wir alle kennen diese „Mein Kind kann…“-Gespräche. Seien wir doch mal ehrlich zu uns selbst: Sie fühlen sich nicht gut an. Denn sie sind verletzend und demütigend. Nichts davon tut uns gut. Letztendlich profitiert noch nicht einmal die Mama mit dem vermeintlichen Super-Kind dadurch. Vielleicht fühlt sie sich kurzzeitig besser, doch dieses Gefühl hält sicherlich nicht lange an.
Ich schreibe dies als Mutter eines Kindes, welches bestimmte Fähigkeiten extrem früh erlernt hat. Natürlich erfüllte es mich mit Stolz, als meine Tochter als erste in ihrer Krabbelgruppe durch die Gegend robbte und krabbelte, während alle anderen Kinder noch dalagen ohne eine Möglichkeit sich zielgerichtet fortzubewegen. Ja, einige konnten sich noch nicht einmal drehen. Ich hätte in diesem Moment jeden „Mein Kind kann…“-Wettbewerb gewinnen können. Aber was ändert das? Es verstärkt den eigenen Stolz nicht. Man fühlt sich nicht besser dadurch. Eher schlechter. Insbesondere weil man den anderen Müttern in diesem Moment nicht nur die Erschöpfung, sondern auch die Traurigkeit ansieht. Sie fragen sich, ob sie etwas falsch gemacht haben. „Wie hast du es geschafft, dass sie so früh krabbeln kann?“
Genau darüber möchte ich euch nächstes Mal berichten…